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Kriegs-Bier

Conrad Seidl über die Wiederentdeckung eines in Notzeiten geborenen Bieres

Im Bregenzer Wald haben die Bauern schon früh erkennen müssen, dass sie mit dem einzigen Pfund wuchern müssen, das sie haben: Der silofreien Milch. Die Kühe fressen hier alpine Kräuter und geben eine Milch, aus der sich ein durch die Vermarktung der Bregenzerwälder Käsestraße weit über die Region hinaus bekannter Bergkäse herstellen lässt. Dass der Bergkäse hervorragend zum in Vorarlberg vorherrschenden Spezialbier passt, ist aber nicht der eigentliche Grund, warum ich hier vom Käse schwärme.

Mit der Käseproduktion ist das nämlich so eine Sache: Man braucht etwa zwölf Liter Milch, um ein Kilo Bergkäse herzustellen - es bleibt die an Milchzucker und an Mineralstoffen reiche Molke übrig. Hat man zu viel davon, muss man sie aufwendig entsorgen.

Molke und Bier
Oder man macht daraus Latella. Doch das gibt's schon. Was es aber noch nicht (genauer: nicht mehr) gibt, ist ein Bier aus Molke. Irgendwann aber hat es das gegeben, in finsteren Kriegszeiten. Braumeister Hinrich Hommel von der Brauerei im Bregenzerwälder Ort Egg hat davon gehört - wie man's braut, ist aber offenbar in Vergessenheit geraten. Und da hat der junge Mann Erstaunliches geleistet, was weit über professionelle Neugier hinausgeht und weit in die kulturgeschichtliche Forschung geht: Er hat in Mitgliedslisten der Brauerberufsverbände nach Senioren gefahndet und angefragt, ob sie selber noch so ein Molkebier gebraut hätten. Tatsächlich fand sich ein Rezept, datiert vom 23. Januar 1944 - es konnte der Vergessenheit entrissen werden.

Das ist aber nur ein Teil der Leistung von Braumeister Hommel. Jetzt ging es daran, so ein Bier korrekt nachzuempfinden. Nicht weniger als 18 Anläufe hat er gebraucht, um sicherzustellen, dass seine Bierwürze und die alpine Molke auch einen wirklich harmonischen Geschmack ergeben. 6 : 5 ist das richtige Verhältnis; 25 Bittereinheiten, dargestellt mit Tettnanger Hopfen, sorgen dafür, dass der Milchzucker nicht hervorschmeckt, sondern nur Körper und Aroma in das leichte Bier (2,5 Prozent Alkohol) bringt. Viel mehr lässt sich Hommel nicht entlocken - denn sein Wellness-Bier (Motto: "Stark in den Mineralien, schwach im Alkohol") soll ja nicht zu leicht kopiert werden können, sondern unter dem Namen "Wälder Senn" eine Alleinstellung behalten.

www.brauerei-egg.at