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Bierpanscher

Früher wurden die Bierpantscher ertränkt

NÜRNBERG - Wer in alten Zeiten die Verbrauer betrog, musste mit drakonischen Strafen rechnen: Da ist in Urkunden von der Hinrichtung von Weinfälschern und Gefängnis für Betrüger die Rede. Allerdings: Die Strafen sollten nicht die Verbraucher schützen, sondern die Finanzen der Obrigkeit.

Schon 1700 v.Chr. ordnete König Hammurabi an: „Bierpantscher werden in ihren Fässern ertränkt oder so lange mit Bier vollgegossen, bis sie ersticken.“

Mit dem Wachstum der Städte und des Handels nahmen die Betrügereien zu. Bevor 1532 die „Peinliche Gerichtsordnung“ Kaiser Karls V. die Strafen vereinheitlichte und die Fälschung von „gewicht, specerey oder ander kauffmannschafft“ mit dem Tod ahndete, erließ jede Stadt eigene Gebote.

Beispiel Nürnberg

Die hiesigen "Pfeffersäcke" fanden nichts dabei, faules Fleisch an Nachbarstädte zu verkaufen. Wer ihnen jedoch gefälschte Gewürze andrehte, wurde verbrannt oder lebendig begraben. Wie drastisch die Nürnberger gegen Fälscher zu Werk gingen, verdeutlicht diese überlieferte Strafe: einem Safranfälscher hat der Rat beide Augen ausstechen lassen. Für Bäcker, deren Ware als zu leicht gewogen wurde, gab es den "Bäckergalgen", einen eisernen Käfig, in dem Bäcker zur Bestrafung unter Wasser getaucht wurde. Bierkontrollen sind seit 1150 aktenkundig: Die Prüfer gießen das Getränk auf einen Holzstuhl und setzen sich darauf – bleiben ihre Lederhosen nach einer Stunde kleben, reicht der Malzzucker im Bier aus. Das bayerische Reinheitsgebot von 1516 sieht dagegen nur vor, „böses“ Bier zu beschlagnahmen. Lange werden nämlich giftige Kräuter verwendet – und für Magenkrämpfe Hexen verantwortlich gemacht. Die letzte Brauhexe wird 1591 verbrannt. Reinheitsgebot hin oder her, das ganze Mittelalter über und noch bis ins 19. Jahrhundert hinein setzte man dem Gerstensaft zur Förderung der Heilkraft und zur Vorbeugung gegen Krankheiten allerlei Kräutlein zu: Wermut gegen Gallenprobleme, Salbei als Schutz vor Skorbut und Zahnweh, Beifuß gegen Frauenleiden, Rosmarin als Nervenstärker oder Lavendel fürs Rückenmark. Als geradezu lebensgefährlich stellten sich Zusätze von Sumpfporst oder Bilsenkraut heraus – im Volksmund "Rauschgras" und "Tollmännle" gebannt – die gang gäbe waren. Zuvörderst dienten beide der Haltbarmachung, aber letztlich dominierte ihre berauschende Wirkung.

In den alten Klosterküchen gehörten "Lebensmitteltäuschungen" zum geduldeten Brauchtum. Da wurden Rehkeulen aus Fischfleisch und Hasenbraten aus Hefeteig gezaubert, in der Fastenzeit aber – wohl eher regelwidrig – gehacktes Schweinefleisch in Fischformen präsentiert und Lammfarce als Brotlaib garniert verzehrt. "Ich taufe dich Karpfen" sagte der Prior, als er ein Schweineohr in der Fischsuppe bemerkte, und da bei Tisch Schweigen geboten war, schlürften die Mönche den fetten Eintopf ohne zu murren. So ein unbekannter Chronist.

Nochmals Nürnberg. Der Rat der Stadt befahl Ende des 14. Jahrhunderts, Wein sei nur "mit Eiern ohne die Schalen, Milch, Kieselsteinen, Lehm und Ton anzurichten" nicht aber mit Asche, Senf oder Speck. Besonders gefährlich war Blei, das die Säure des Weins brechen sollte.

Noch ein Beispiel für Weinpanscher: August der Starke, Kurfürst von Sachsen und zeitweise König von Polen, liebte den Tokajerwein so sehr, dass es dafür im Dresdner Schloss einen eigenen Keller gab. Heute wissen wir, dass die Mehrzahl der dort gelagerten Bouteillen gepanschten Traubensaft enthielt.


Von Jörg von Forster in den Nürnberger Nachrichten